Der Fuß aus Osteopathischer Sicht

Christian Nöcker (CN), Osteopath in Soest, im Gespräch mit Heike Sprenger (HS)

HS: Welche Funktion hat der Fuß?

CN: Der Fuß ist wie die Bodenplatte unseres Hauses und wenn diese schief steht, entstehen mittelfristig bis langfristig Probleme wie Risse im ganzen Haus. Soll heißen, Fußfehlstellungen sind häufig verantwortlich für Schmerzen im Kniegelenk, Hüftgelenk, dem Lendenwirbelsäulen-/ Becken- und Hüftbereich bis hin zu Dysfunktionen an den Gelenken der oberen Wirbelsäule sowie am Kiefergelenk. Jede einzelne Etage unseres Hauses benötigt ein stabiles und ordentliches Fundament – genau wie unser Körper.

„Jede einzelne Etage unseres Hauses benötigt ein stabiles und ordentliches Fundament – genau wie unser Körper.“

Haltung Fuß / KörperHS: Was sind mögliche Ursachen für Fußschmerzen? oder Kommen Fuß-Schmerzen immer vom Fuß?

CN: Pauschal: nein! Denn über die Fußzonenreflexpunkte wissen wir, dass jedes Organ sowie auch die gesamte Wirbelsäule ihre eigene Repräsentation an der Fußsohle haben. Somit ist auch klar, dass etwaige Organdysfunktionen über den sogenannten viszcero-cutanen Reflexbogen Schmerzen am Fuß verursachen können. Und unser Körper ist immer ein Meister der Kompensation. Spitz formuliert: Es ist beispielsweise noch nie ein Mensch an Fußschmerzen gestorben, aber sicherlich an einem Darmverschluss oder an Herzversagen. Der Körper schickt uns also regelmäßig Botschaften, um zu signalisieren, dass etwas in unserem Körper nicht rund läuft. Die meisten Fußprobleme sind meiner Erfahrung nach eine Kombination aus mechanischer Störung der Füße und einer somatischen Dysfunktion eines Organs. Aber dabei dürfen wir auch nicht die Psychosomatik vergessen, denn auch viele Probleme der Menschen entstehen im Kopf, der Psyche, oder haben dort eine Rückkopplung. Also, Sie sehen, es ist kompliziert und bleibt spannend …

„Es ist noch nie ein Mensch an Fußschmerzen gestorben.“

HS: Barfuß laufen ist gesund …

CN: Nein, grundsätzlich eher nicht. Denn stellen Sie sich vor, ein Mensch läuft mit seinem Knick-Senk-Spreizfuß über Fliesen oder Parkett – ober aber über Sandboden: Beim Sandboden kann der Fuß womöglich wieder physiologisch abrollen und sein Quer- und Längsgewölbe aufbauen, weil der Sand sich unter ihm verformt. Geht ein Mensch aber über einen harten, unverformbaren Boden, so wird sich die Fehlstellung des Fußes immer nach oben – also auf die darüber liegenden Gelenke – auswirken. Nur ein völlig gesunder Fuß kann die erforderliche dynamische Spannung im Quer- und Längsgewölbe aufbauen und halten. Auch Hausschuhe sind keine geeignete Alternative, denn in Schlappen ‚latscht‘ man. Eine physiologische Abrollbewegung des Fußes ist hierin nicht möglich, der Fuß hat keinen seitlichen Halt. Insgesamt kann man kaum von einer Dynamik sprechen, wenn man ‚latscht‘ … Stattdessen sollte man besser einen leichten, aber in sich festen Turnschuh tragen – am besten mit einer orthopädischen Einlage kombiniert.

HS: Helfen Fußübungen?

CN: Ja natürlich! Aber wie so häufig scheitert der Erfolg daran, dass die Patienten diese nicht regelmäßig genug ausüben. Es gibt zahlreiche Übungsprogramme, um den Fuß zu kräftigen und zu mobilisieren, diese muss man aber schon kontinuierlich wiederholen. Und selbst dann verhindern die meisten Patienten in der Regel „nur“ eine Verschlechterung. Ein komplett ausgetretener Fuß, also mit einer Fehlstellung, wird es meiner Meinung nach ohne Einlage nicht schaffen.“

„Es gibt zahlreiche Übungsprogramme, um den Fuß zu kräftigen und zu mobilisieren.“

[Beitragsbild: Foto von Min An von Pexels]

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